Weltreise - und jetzt?

Das die Rückkehr nach meiner Weltreise nicht einfach werden würde, war mir von Anfang an bewusst. Egal von welcher Reise ich zurückkam, es machte immer wieder etwas mit mir. Die ersten Tage überwiegt die Freude, Familie und Freunde wieder zu sehen. Dann wird es plötzlich wieder ruhiger und man weiß nicht so recht wohin mit sich selbst. Man hat so viel erlebt, gesehen und gefühlt. Auch all die Fragen, die man gestellt bekommt, kann man nicht so richtig beantworten. Wo war es am schönsten? Ist das nicht langweilig? Und jetzt wird aber wieder gearbeitet?Das sind so die gängigsten Fragen, die ich gestellt bekomme. Ich fange dann meist an mich zurückzuziehen, da mir das Bekannte, doch sehr schnell wieder fremd wird und ich mich, wie ein Fremder in meinem eigenen Zuhause fühle. Ich fange an zu Vergleichen und kann nicht verstehen, wie man so in seiner eigenen Blase gefangen sein kann. Früher habe ich mich oft von Freunden abgewendet, mittlerweile verstehe ich aber, dass das ihre Art von Leben ist und ich meine Art zu Leben habe. Und das Wiederrum für beide Seiten völlig ok ist. Dass manche Menschen, auch nahe stehende Menschen nicht verstehen können, was ich da tue, habe ich mittlerweile akzeptiert und nehme es auch nicht mehr persönlich! Denn Fakt ist: es kann nicht jeder verstehen und es hat jeder sein eigenes Leben!

Reiserückkehr - Depression, gibt es sowas?

Ich würde sagen JA, das gibt es! Und mich hatte es richtig erwischt. Ich habe selber jahrelang mit depressiven Menschen gearbeitet und befand mich auf einmal in den selben Mustern. Ich nahm Kontakt zu meiner alten Chefin auf und erzählte ihr von meinen Gefühlen und auch Ängsten. Sie sagte mir, dass ich mir keine Gedanken machen sollte, denn im Enddefekt habe ich mich ein Jahr  in einer Ausnahmesituation befunden und überspitzt gesagt, jeden Tag ums Überleben gekämpft. Das hört sich jetzt ganz schlimm an, das wars natürlich nicht. Aber es ging jeden Tag darum:

Wo schlafe ich? Wie komme ich dahin? Was esse ich? Wieviel Geld habe ich noch?

Dinge, über die man sich im normalen Alltag in Deutschland keinerlei Gedanken machen muss, weil sie einfach da sind und selbstverständlich sind. Ich habe mich teilweise von engen Freunden abgewandt, da ich den Gesprächsthemen einfach nicht folgen konnte und sie mir so banal vorkamen. Es war eine sehr schwierige Zeit für mich und so toll, so eine Reise ist, das zurückkommen ist der blanke Horror! 

Nach nur 4 Monaten zuhause habe ich mich in mein Auto gesetzt und bin mehr oder weniger geflüchtet. Ich war drei Wochen lang mit dem Auto und Zelt in den Bergen unterwegs und habe versucht mich selbst zu heilen. Was mehr oder weniger auch funktionierte. Zumindest konnte ich mir über einige Dinge klar werden.

Was arbeite ich nun?

Ich hatte mich vor meiner Weltreise Arbeitslos gemeldet und mich persönlich abgemeldet, dass ich dem deutschen Arbeitsmarkt während meiner Weltreise nicht zur Verfügung stehe (Auslandsaufenthalt). Das Gleiche habe ich getan, als ich wieder da war - mich gemeldet, dass ich wieder in Deutschland bin. Das hatte einfach den Vorteil der Krankenversicherung und ich hatte natürlich auch eine finanzielle Absicherung mit dem Arbeitslosengeld, was ich bekam seitdem ich wieder da war. Das Wiederrum bedeutete, der Druck war nicht all zu groß, direkt wieder etwas zu finden. Ich habe die Zeit zunächst dafür genutzt wieder meinen kleine Onlineshop www.mzansibyvs.de zu eröffnen. Habe als Springkraft bei meiner alten Arbeitsstelle angefangen, mit der Option auf eine baldige Festeinstellung. Ich bin gelernte Sozialpädagogin und habe bis zur Weltreise in einer Wohngruppe für junge Mädchen gearbeitet. Im Herbst 2020 ergab sich dann die Möglichkeit im betreuten Wohnen anzufangen. Ich wollte nicht mehr zurück zu den 24h Diensten in der Wohngruppe und ich wollte auch keine volle Stelle mehr arbeiten und bei meinem alte Arbeitgeber gab es zur Zeit nichts passendes. Ich habe dann für Dreimonate bei einem anderen Arbeitgeber gearbeitet bevor ich im Februar 2021 wieder zurück in die Wohngruppe bin. Nur eben nicht mehr in den Schichtdienst. Ich hatte 10h die Woche, die ich mir frei einteilen konnte. Hatte meinen kleinen Onlineshop und habe noch als Social Media Manager für eine Firma gearbeitet. Eigentlich klingt das alles ziemlich gut. Ich hatte Zeit über den Winter meinen Camper auszubauen und ich hatte Zeit zu reisen und mich um meinen Hund zu kümmern, den ich mir kurz nach meiner Weltreise kaufte. Klingt doch alles eigentlich ziemlich gut!!

Irgendwas fehlte aber...

So ganz glücklich machte mich, dass alles trotzdem nicht. Ich hatte mich verändert, hatte eine andere Einstellung zum Leben. Und das allerwichtigste ich fühlte mich in meinem eigenen Zuhause einfach nicht mehr wohl. Das hat auch gar nichts mit meiner Familie oder meinen Freunden zu tun, sonder einfach mit meinem eigenen Wohlbefinden. Eine bessere Familie und Freunde kann man sich nicht wünschen. Ich wachte morgens auf, war einfach schlecht gelaunt und hatte keine Lust irgendetwas zu tun. Mit meinem Camper hatte ich auch irgendwie eine neu gewonnene Freiheit, die ich sehr genoss und es war auch überhaupt kein Problem für mich in Europa unterwegs zu sein. Der Drang des Fernwehs war immer da, aber es musste nicht mehr unbedingt bis ans andere Ende der Welt gehen. Das hatte aber denke ich auch, was mit meinem neuen Reisebegleiter Bali zu tun, der mich fortan immer begleitete. Im Laufe des Jahres 2021 kam mir immer wieder der Gedanke, dass ich etwas ändern müsste, aber was da sein sollte, war mir anfangs nichts so klar. Fakt ist wenn ich irgendwo hinfahre, sind dort immer Berge und wenn ich die Berge sehe, bekomme ich ein ganz warmes Gefühl ums Herz. In etwas so, wenn man verliebt ist und man seinen Freund nach langer Zeit wieder sieht :-). Bei meiner Reise im Herbst 2021 nach Norwegen beschäftigte ich mich erstmals mit dem Gedanken auszuwandern. Ich ging Länder durch, in denen ich schon war und überlegte mir, ob ich da Leben könnte. Die meisten vielen eigentlich raus, da ich Wiederrum auch nicht so weit von zuhause weg sein wollte und immer die Option haben wollte in die Heimat zu fahren, wenn mir danach ist. Der Gedanke verfestigte sich immer mehr und ich begann nach Stellenangeboten zu schauen - in ÖSTERREICH!

Auswandern nach Österreich

Ja und dann ging alles eigentlich ganz schnell! Ein Freund stellte mir einen Kontakt her, der dringend jemand suchte für die Organisation und das Marketing seiner Hotels. Wir telefonierten, trafen uns und es passte von Anfang an. Was ich genau arbeiten sollte, war etwas offen, aber im Grunde war mir das auch egal, ich wollte einfach nur Weg! Die einzigste Bedingung die ich hatte, das ich wegen meines Hundes kompatible Arbeitszeiten habe und zur Wohnung ein Garten. Auch das wurde möglich gemacht und ich hätte sofort anfangen können. Zunächst einmal hatte ich (wieder) die schwere Aufgabe bei meiner alten Arbeitsstelle zu kündigen. Menschlich passte da einfach alles, aber glücklich machte es mich halt leider nicht und das verstand auch meine Chefin. "Du bist halt einfach im falschen Land geboren." JA würde ich sagen :-).

 

Ja und so sitze ich nun hier in Österreich im Montafon und schreibe diesen Artikel. Im Grunde bin ich froh, dass ich ihn erst zwei Jahre nach meiner Weltreise abtippe, den mit dieser Wendung hätte ich vor zwei Jahren wohl selbst nicht gerechnet. Bisher kann ich sagen, dass es die beste Entscheidung war, die ich hätte treffen können. Ich wache jeden Morgen hochmotiviert auf und erfreue mich an den Bergen die links, rechts, vorne und hinten sind. Sie geben mir einfach ein unglaublich gutes Gefühl, wie eigentlich schon mein ganzes Leben lang! Im Moment ist jeder Tag, wie ein bisschen urlaub, das wird sich sicherlich auch noch ändern. Aber ich von mir kann sagen, dass es mir und meinem Herzen wieder gut geht und ich merke hierher zu gehören, was mir in der Heimat einfach gefehlt hat. Natürlich fehlen mir meine Familie und Freunde, aber ich bin es gewöhnt alleine zu sein und nach all den Jahren und den vielen Reisen, habe ich immer noch die selben Freunde und ich weiß, dass das auch so bleiben wird. Im Unterschied zu sonst, bin ich ja auch diesmal in 5 Stunden zuhause :-). Ich bin gespannt auf das was kommt und vielleicht schreibe ich in zwei Jahren wieder eine Fortsetzung der Geschichte...

Eure Vanessa

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Kommentare: 1
  • #1

    Kathi (Sonntag, 27 Oktober 2024 11:12)

    Toller Artikel!
    Mir geht es aktuell sehr ähnlich und ich überlege mit unserer Husky Hündin nach Kanada zu gehen.
    Wenn ich fragen darf: wie geht es dir jetzt und wie ist es in Montafon? �

    Liebe Grüße
    Kathi